
alleen
alleen und blumen
blumen
blumen und frauen
alleen
alleen und frauen
alleen und blumen und frauen und
ein bewunderer.
(Eugen Gomringer)
Diese Zeilen schrieb der Dichter Eugen Gomringer in den 50er Jahren. Er beschreibt einen Moment voller Schönheit, die ihren Bewunderer gefunden hat.
Ich sehe sie vor mir, die Straßen einer spanischen Stadt, vielleicht Barcelona oder Madrid. Mächtige alte Bäume im Sonnenlicht. Dazwischen Beete. Überquellend von Blumen, filigran, leuchtend, farbenfroh. Und Frauen. Sie schlendern, eilen, sitzen auf Bänken, stehen zusammen im Gespräch. Wie Viele? Wir erfahren es nicht. Vielleicht nur zwei, Ehefrau und Tochter des Bewunderers. Auch das bleibt offen. Auch, wer der Bewunderer selbst ist.
Oder prosaisch ausgedrückt,
Alleen, Blumen und Frauen sind bewundernswert, oder haben zumindest einen Bewunderer.
Viele, die schreiben, werden sie kennen, diese leuchtenden Momente, in denen einem Schönheit begegnet. Ein Sonnenstrahl auf einer Tischplatte, das Wiegen der Birken im Wind, das Schwingen eines Kleides um die Beine einer Frau, oder vom Wind verwehte Haarsträhnen auf der Stirn eines Mannes, das unbändige Lachen eines Kindes, oder das kurze Verweilen eines Schmetterlings auf einer Blüte.
Momente, in denen die Schönheit des Lebens uns mit voller Wucht mitten ins Herz trifft und uns staunen, lächeln, verstummen oder eben schreiben lässt.
Nun, Gomringer verfasste vielleicht in oder nach einem solchen Moment sein Gedicht. Wir wissen es nicht.
Die Alice-Salomon-Hochschule in Berlin schrieb es 2011 an ihre Fassade.
Nun soll es von dort wieder verschwinden.
Auf Wunsch von Studentinnen, die den Text als sexistisch empfinden und sich darin als Frauen zu Objekten degradiert sehen.
Ich danke von Herzen allen Dichterinnen und Dichtern, die uns Frauen und unsere Stellung in der Welt in den Focus rücken, respektiere die Leistung aller Frauen, die sich je für Gleichberechtigung und Achtung in einer von Männern dominierten Gesellschaft eingesetzt haben und immer noch einsetzen.
Ich verstehe die Frauen, die jetzt, oft nach vielen Jahren des Schweigens, me too sagen. Ich selber hätte mehr als genug Gründe dazu und verstehe daher die Idee hinter dem Wunsch nach Entfernung des Gedichtes von der Fassade der Hochschule.
Aber, seht ihr auch die Gefahr, die darin liegt, wenn der Wunsch nach politischer Korrektheit Gedichte von einer Hauswand tilgen will?
Wo wird uns das hinführen?
Auf diese Art umgesetzt bekommt politische Korrektheit in meiner Wahrnehmung fatale Ähnlichkeit mit dem Wahrheitsministerium aus dem Roman 1984 von George Orwell. Beides klingt gut, ist aber nichts weiter als nackte Diktatur.
Und das Wesen der Diktatur ist weder männlich noch weiblich. Es ist nicht Wahrheit, Freiheit und Gleichheit, sondern Lüge, Unterdrückung und Ungleichheit.
Wie wäre es, wenn wir uns, statt für eine Entfernung des Gomringer Gedichtes, dafür einsetzten, seinem Text das Gedicht einer Frau hinzuzufügen?
Zum Beispiel dieses hier:
Schatten Rosen Schatten
Unter einem fremden Himmel
Schatten Rosen
Schatten
auf einer fremden Erde
zwischen Rosen und Schatten
in einem fremden Wasser
mein Schatten
(Ingeborg Bachmann)
oder irgendein anderes. Es gibt so viele wunderbare Lyrikerinnen
Foto der Fassade: Barbara Halstenberg
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …